Raum und Räumlichkeit sind zentrale Faktoren im Werk Elvira Chevaliers. Seit einigen Jahren schafft sie Objekte in reduzierter Formensprache, die sie vor Ort entwickelt. Sie lässt sich dabei von den Gegebenheiten und den Charakteristika der Räume leiten.
Am Anfang schuf Chevalier jedoch so genannte Polygonreduktionen aus fluoreszierenden Schnüren. Diese sind bis heute ihr bevorzugtes Material. Mit diesen Schnüren knüpfte sie ein viereckiges Gitternetz, das Bäume wie eine Art Exoskelett ummantelte. Man könnte diese Gebilde auch Abstraktionen im Dreidimensionalen nennen, aber früh ging es der Künstlerin bereits um die eigenständige Form. Die fluoreszierenden Schnüre umgeben zwar den Baum, sie definieren aber auch einen eigenen Raum. Durch die Bestrahlung mit Schwarzlicht verstärkt sich dieser Effekt noch und der Baum darunter ist vor allem auf Fernsicht nur mehr schwer auszumachen. Das Fädenkonstrukt bildet somit eine räumliche Struktur, die nur durch die menschliche Wahrnehmung wieder zu einem Baum zusammengelesen wird.
In der Zwischenzeit hat sich die Formensprache der Künstlerin weiterentwickelt. Schwebende Objekte im Raum meist stereometrischer Form sind genauso hinzugekommen wie freie Formen, die sich im Innenraum entwickeln.
Ein markanter Schritt war die Hinwendung zum Dreieck als Ausgangspunkt der entstehenden Objekte. Chevalier schätzt daran einerseits die klare geometrische Form, andererseits auch die bessere Annäherung an eher organische Formen, da sich aus zusammengesetzten Dreiecken Vertiefungen und Höhen, Rundungen etc. besser abbilden lassen.
Für ihre Installation in der PUTTE hat sie ein bereits im Atelier entstandenes Objekt mitgebracht. Dieser Stern hängt im gänzlich abgedunkelten hinteren Raum der PUTTE. Nicht nur für den Stern, sondern auch für die freie Installation im ersten Raum war das Dreieck der formgebende Ausgangspunkt. Im ersten Raum entstanden Objekte unterschiedlicher Größe und Masse, die Chevalier nicht vorgeplant hatte. Nur Eckpunkte, Gewichtungen im Raum etwa, sind vorab gesetzt. Die eigentlichen Formen ergeben sich erst im Schaffensprozess. So ist es auch kaum verwunderlich, dass die Künstlerin auch vom „Zeichnen im Raum“ spricht.
Die Künstlerin ist von einem Umstand fasziniert, der solchen stereometrischen Gebilden eigen ist. Hält man diese auf Bild fest oder fertigt eine Zeichnung an, wirken diese flach. Letztlich ist es wiederum nur unsere Wahrnehmung, die die Formen dreidimensional für uns aufbereitet.
Mit diesem Umstand spielt Chevalier in ihrer Installation für die PUTTE. Auf den großen Rundbogenfenstern hat die Künstlerin Spiegelfolie in Dreiecken so angebracht, dass sich linienförmige Leerstellen ergeben. Diese Linien sind in ihrer Flachheit zweidimensional, können aber eben auch als dreidimensional gelesen werden, da unsere Wahrnehmung geschult ist, Linien auch im Raum zu denken, Einzelteile zusammenzulesen und räumliche Körper zu bilden. Umgekehrt sind es die dreidimensionalen Objekte im Raum, die sich bei festem Blickwinkel in bloße Linien auflösen. Wie bei einem Vexierspiel oder den allseits bekannten Werken M.C. Eschers ist es das Spielen mit unserer Wahrnehmung, das den Reiz der Arbeiten Chevaliers ausmacht.